Befürchtung: Wertverlust in der Region

Geld verbrennen

A jeder woass,
dass as Geld ned auf da wiesen wachst
Und essen kann ma’s a ned
Aber brenna dads guat

Aber hoazen domma en woaznn
Und de ruabn und den kukuruz
Wann ma lang so weiter hoazn
Brennt da huat.

Brenna tuats guat (auf deutsch, YT)
Hubert von Goisern

In der Info-Veranstaltung in der Turnhalle im September 2020 wurden von den Bürgerinnen und Bürgern eine Reihe von Befürchtungen ausgesprochen. Diese fundieren nicht auf einem Gefühl, sondern wurden während der Veranstaltung mit Fakten hinterlegt.

„Wir befürchten:
dass letztlich die Landeigentümer auf den Kosten für den Rückbau und den Wertverlust sitzen bleiben  und dass unsere Grundstücke an Wert verlieren.“

Engagierte Bürger, September 2020

Inzwischen hat sich die Diskussion weitergedreht und es sind neue Fragen hinzugekommen. Neben unseren Sorgen, was mit unseren letzten natürlichen Lebensräumen passiert, stellen sich immer mehr die Frage: was passiert auch an mir?

  • Was passiert mit der Region, wenn im Umfeld riesige Windräder platziert werden?
  • Wie soll ein von den Planern beschworenes imaginäres „Innovations-Image“ der Region den konkreten Wertverlust der Land- und Hauseigentümer ausgleichen?
  • Teilt der geplante Windpark das Dorf in wenige Gewinner und viele Verlierer?

Wen trifft es?

Verschiedene Veröffentlichungen (s.u.) machen auf die Frage eines Wertverlusts aufmerksam und versuchen, Antworten darauf zu finden. Betroffene sind wenigstens

  • die Landeigentümer. Sie verpachten für die Zeit der nächsten 30 .. 40 Jahre ihr Land an die Besitzern der Windräder. In der Zeit werden Windräder als Überbrückung bis zu einer tatsächlich nachhaltigen und unkomplizierten Energieversorgung dienen. Danach?
  • die Haus- und Grundstückseigentümer. Die Lebensqualität verringert sich in der Region, u.a. durch die (von allen Seiten) sicht- und hörbaren Windräder, die Einkesselung der Natur und Abwertung der letzten natürlichen Wäldchen als Strukturen der dörflichen Naherholung.
  • die landwirtschaftschaftlichen Betriebe. Beim Bau und bei Nutzung der Windräder entstehen viele neue, versteckte Risiken. So durch Brand, Veränderung des Mikroklimas und Austrocknung, Versiegelung (Zuwegung, Fundamente).

Teure Fundamente

Das teuerste an einem Windrad sind die Fundamente. Diese Kosten werden zu einem Großteil jedoch erst mit der Entsorgung anfallen. Es heißt, dass dafür entsprechende Rücklagen gebildet werden, die dann für den Rückbau zur Verfügung stünden.

Was steckt in einem Fundament am Beispiel E126 (200 m Höhe): 1.500 m³ Beton, armiert mit 180 t Stahl. Der Boden muss insgesamt etwa 7000 t tragen. Geplant sind in unserer Region WEA mit Rotor=162 m; Nabenhöhe=166 m, 5,6 MW. Hier ein bildhaftes Beispiel für eine Enercon E-82 E2: Rotor=82m; Nabenhöhe=108m, 2,3 MW

WEA-Fundament
Bewehrung eines Fundamentes der Windenergieanlage WEA1 bei Schonungen (2011)
Foto: Störfix, Lizenz: Creative Commons by-sa 3.0 de

Der Rückbau ist eigentlich im Baugesetzbuch geregelt: nach dauerhafter Aufgabe der Nutzung ist die Anlage zurückzubauen und die Bodenversiegelung zu beseitigen. In der Praxis sieht das nach Recherchen des NDR-Magazins Panorama 3 anders aus. Es bleibt tonnenweise Beton und Stahl zurück. Teils wird dem Landeigentümer mit dubiosen Angeboten des Investors oder des zum Rückbau verpflichteten WEA-Besitzers dieser Schrott zum Verbleib im Boden schmackhaft gemacht.

Nicht zuletzt sprach das Bundesumweltamt bereits 2019 von Windrad-Schrott und dem „70.000-Tonnen-Problem der Energiewende„. Vor einigen Jahren recherchierte Gegenwind Sachsen, dass es 2013 noch keinen vollständigen Rückbau in Sachsen gab. Gibt es heute positive Beispiele? Und auch bei genossenschaftlichen / anteiligen Eigentumsverhältnissen: wer besitzt in 20 .. 30 Jahren tatsächlich das Windrad und hat Zugriff auf die finanziellen Rückbau-Budgets?

Sinkender Eigentumswert

Die unübersehbaren Windräder sind zunehmend Störfaktoren im Landschaftsbild. Besonders in unseren dichtbesiedelten ländlichen Regionen führen die nah platzierten Maschinen zu einer Abwertung des Wohn- und Wohlgefühls. Ob diese Windräder durch regionale Energiekreisläufe und Gewinnabgaben vor dem Ende ihrer Ära jemals für den Fortschritt und Wohlstand einer Region stehen, ist fraglich. Wirtschaftliche Auswirkungen für den Bau von Riesen-Rädern in unseren im Vergleich windschwachen Gebieten und bei ständigen Abschaltungen wegen Schlagschatten und Vogelzug (Bsp. Osnabrück) sind hier jedoch nicht Gegenstand der Betrachtung.

Bleibt zu fragen, was das in der aktuellen Ära eines ungehemmten Windpark-Booms mit den Anwohnern geschieht, die sich ihre finanzielle Absicherung im Gegenwert von Haus und Garten sahen.

In einer bemerkenswerten Studie „Lokale Kosten für globalen Nutzen: Der Fall Windkraftanlagen“ hat das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung die Auswirkungen von Windturbinen auf die Werte von Wohnimmobilien untersucht. Sie nutzten dabei die Angebotspreise in einem sehr etablierten Immonbilienportal.

Durch Beobachtung des zeitlichen Verlaufs im Zusammenhang mit den Entstehen regionaler Windparks, im Vergleich zu Regionen ohne Windpark ergaben sich klare Muster, wie sich der Wert entwickelt oder ab wann er sich reduziert. Im Ergebnis verlieren ländliche Einfamilienhäuser im Umkreis von Windenergieanlagen zum Teil deutlich an Wert.

Modellrechnung Wertverlust ältere Häuser im ländlichen Raum

Zitat aus der RWI-Studie (Zusammenfassung, übersetzt aus dem englischen):
„Angesichts des rasanten Ausbaus der Windkraftkapazitäten in Deutschland schätzt dieses Papier die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Immobilienpreise anhand von Immobilienpreisdaten des führenden deutschen Online-Maklers.

Unser methodischer Ansatz verwendet ein hedonisches Preismodell, dessen Spezifikation durch Techniken des maschinellen Lernens unterstützt wird, und bietet Einblicke in die Quellen der Heterogenität der Auswirkungsseffekte. Wir schätzen einen durchschnittlichen Auswirkungsgrad (ATE) von bis zu -7,1% für Häuser im Umkreis von einem Kilometer um eine Windkraftanlage, ein Effekt, der bei einer Entfernung von 8 bis 9 km auf Null abnimmt.

Alte Häuser und solche in ländlichen Gebieten sind am stärksten betroffen, während die Immobilienpreise in städtischen Gebieten kaum beeinflusst werden. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass erhebliche lokale Auswirkungen mit Windkraftanlagen verbunden sind.“

Entschädigungen

Ob es Entschädigungen für Wertverlust und Mietminderungen gibt, hängt von den objektiven Gegebenheiten ab. So stellt die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. fest: Falls ein (vom Eigentümer zu beauftragendes) objektives Gutachten eine Minderung feststellt, kann vom Betreiber des Windrads eine Entschädigung verlangt werden.

Auch eine Ermäßigung des Einheitswerts als Grundlage der Besteuerung ist nach einem Entscheid des Bundesfinanzgerichtshofs möglich. Allerdings handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen auf Basis der genannten objektiver Gutachen.

Fazit

Viele Fragen sind gestellt und objektive, ungefärbte Antworten nötig. Auch das Internet bietet mit Portalen wie die (leider in den Absichten teils auch zweifelhaften) windaction.org trotz scheinbarer Faktenlage keine ungefilterten Wahrheiten. Dem steht gegenüber, dass es zu Vorfällen in der Vergangenheit keine aussagekräftigen Statistiken auf Bundesebene gibt (warum?) und Risiken in der Zukunft seitens Hersteller als Betriebsgeheimnis eingestuft werden (warum?).

Umso wichtiger ist es, den Bürgerinnen und Bürgern mit Transparenz zu begegnen: bei der Planung, den von Planern erkannten Problemen und wie mit diesen umgegangen werden soll. Und bei den Behörden, inwiefern die Sorgen der Bürger wahrgenommen und beachtet werden oder gerade nur keine Regeln dem Bau entgegensprechen, auch wenn sie (wie die TA Lärm) veraltet sind.

Der Aufschlag zur Infoveranstaltung im September 2020 war für die Planer kein guter Beginn. Dieses Treffen kam erst zustande, nachdem sich Gerüchte bewahrheiteten. Auch jetzt liegt aktuell vieles im Verborgenen. Die Präsentationen waren voller Euphorismen und überzogener Versprechen.

Die Anwohner wollen selbst verstehen und entscheiden, ob sie die heutige Lebensqualität und finanzielle Sicherheit aller gegen Profit für wenige eintauschen wollen. Offenheit und Ehrlichkeit sind dabei gute Berater.

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