Stärkung ländlicher Gebiete?

Sicher ist es grundsätzlich interessant, innovative Technologien in unsere Region zu ziehen. Ob und wie weitreichend z.B. die Wasserstofftechnologie eines Tages unser Leben tatsächlich bereichert, ist allerdings noch unklar. Die Technologie wird noch beforscht, bezahlbare PKW, wirtschaftlich vertretbare (=fördermittelfreie) Anschaffungskosten für Traktoren und Busse sind Visionen. 

Centstück, gebrochen
Centstück, in etwa

Derweil schießen die “Zentren der Wasserstoff-Forschung” wie Pilze aus dem Boden (Stuttgart, Duisburg, Jülich, demnächst vielleicht auch die Lausitzer Universität und Chemnitz). Jeder hofft auf ein Stück vom “Fördermittelkuchen der Zukunftstechnologie”. Hier wird Mittweida / MSE mit Elektrolyseuren vielleicht einmal ein Kunde sein. Einen Zeithorizont für die Wasserstoffproduktion wird aber Stand April 2021 von den Planern nur vage als “zweiter Schritt” bezeichnet und in die Zukunft (“frühestens” 2024) platziert.  

Im Antwortkatalog zur Veranstaltung im September steht mehrfach die Aussage “Es wird aber keinen dauerhaften Windpark ohne Wasserstoff geben”.  Das geänderte, jetzige Vorgehen “erst die Windräder, dann die Elektrolyse”  ist gerade unter den regionalen Umständen nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: Es entsteht der Eindruck, das unbedingt zunächst diese überdimensionierten Windräder gebaut werden müssten, nur um an Wasserstoff zu gelangen. 

siedender Kolben

Aus unserer Sicht die falsche Reihenfolge: für das hochgepriesene Wasserstoffprojekt könnte der bereits bestehende Erlauer Windkraftindustriegebiets ggf. mit Ausgleich für andere Windkraftindustriegebiete in weniger sensiblen Regionen (Tagebaue) genutzt werden, um die 12 Mio. m³ H2 = 1 Tausend Tonnen H2 pro Jahr zu produzieren. Abhängig von der tatsächlichen Kundschaft kann so die Produktion von H2 aufskaliert werden.

Im Masterplan der Wasserstoffwirtschaft, einer ausgearbeiteten Studie, wird eine sinnvolle regionale Verteilung nach Kompetenzen und Möglichkeiten festgestellt: „Insbesondere Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg können große Mengen nachhaltigen Stroms aus den Windkraftanlagen bereitstellen. […] In Sachsen-Anhalt existiert eine breite Expertise in der chemischen Industrie und eine gut ausgebaute Gasspeicherinfrastruktur. In Sachsen findet sich eine hohe Kompetenz im Bereich des Anlagen- und Maschinenbaus und in Thüringen in der Sicherheits- sowie Mess-, Steuer- und Regelungstechnik.“ (Freie Presse, 29.5.21, „Masterplan soll Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft befördern„).

Die Größe der hier Elektrolyse-Anlagen zeigt den bislang auch rein konezeptuellen Ansatz der hier geplanten Wasserstoffproduktion mit dem 7*6=42 MW Eletrolyseur. Zur Beurteilung der Relation: Gerade (Stand Mai 2021), Freie Presse s.o. „Masterplan“) wird in Bad Lauchstädt eine Großelektrolyse-Anlage mit 30 MW geplant. Die Lagerung des Wasserstoffs soll in 180m tiefen Salzkaverne erfolgen.

Ob auf Biegen und brechen, unter dem Verlust der letzten natürlichen und ländlichen Struktureigenschaften nun hier ein Windidustriepark aus dem Boden gestampft werden muss, ist anbetracht dieser hochaktuellen Entwicklung fraglich.

Die vorangegangenen Punkte zeigen, dass eine Region dadurch grundlegend keine Stärkung erfährt. Erkennbar ist nur eine Stärkung weniger Beteiligter über die Mechanismen einer Subventionspolitik. Größer sind aus unserer Sicht die Lasten, die der Region insgesamt aufgebürdet werden. Für unserer ländliche Region überwiegen die Nachteile.

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