Windräder im Watt

Windrad im Wattenmeer
Windrad im Wattenmeer

Nebenwirkungen? Unbekannt! Folglich?

Die Probleme, die wir hier in unseren Fluren oder vor unserer Haustür befürchten und die teils bereits eintreten (neue Windräder Wiederau / Diethensdorf, Planung zu Erlau / Nauendorf), treten an anderen Orten mit noch ganz anderen Auswirkungen zu Tage.

Die Komplexität der möglichen Auswirkungen von einigen „Maßnahmen“ zur Dämpfung des menschgemachten Anteils am steten Klimawandel übersteigt oft unser Verständnis. Der renommierte Wissenschaftler James Lovelock, Begründer der „Gaia-Hypothese„, brachte dies in einem Gespräch mit dem Journalisten Ingolf Baur prägnant auf den Punkt. Seine Einsichten in die Verflechtungen aller Erdsysteme – von den Ozeanen über die Atmosphäre bis hin zur Geologie – sollten maßgeblich unser Verständnis der globalen Ökologie prägen.

IB: „Aber sollten wir nicht wenigstens unseren Planeten besser schützen?“

JL: „Ich glaube nicht, dass wir das können. Außerdem wissen wir gar nicht, wie.“

IB: „Was heißt das, ist die Erde zu komplex?“

JL: „Ja. Und wir vestehen so vieles nicht.“

Quelle: Ingolf Baur Showreel, ab 1:10 min

Der renommierte Wissenschaftsjournalist Ingolf Baur widmete sich im Mai 2022 in einem Beitrag für das 3sat-Magazin „nano“ den Auswirkungen geplanter Windkraftanlagen in unserer Region. Dabei kam auch unsere Bürgerinitiative zu Wort. Baur, bekannt für seine differenzierte Berichterstattung, beleuchtete das Thema aus verschiedenen Perspektiven und stellte kritische Fragen. Obwohl der Beitrag eine sachliche Grundlage für die Diskussion lieferte, blieben einige Aspekte offen, die einer tiefergehenden Analyse bedurft hätten. Insbesondere fehlten konkrete Handlungsempfehlungen oder eindeutige Schlussfolgerungen, die den Zuschauern eine klarere Orientierung hätten bieten können.

Windräder offshore
raumgreifender Windpark im Wattenmeer

Trotz dessen, dass in den hiesigen Studien immer auf noch noch unzureichende Kenntnisse verwiesen wird (auch in den Unterlagen der MSE Turnhalle 2020 und folgende, jedoch auch anderen aktuellen Studien) und Auswirkungen unerkannt sind, Antragsunterlagen unvollständig sind (Bsp. Rotorblätter enthalten keine Carbonfasern?), werden immer riesigere Anlagen genehmigt und in Betrieb genommen. Im Beitrag „Natur(zer)störer“ hatten wir hierzu schon einige Auführungen gemacht.

Beispiel: Wattenmeer

Seehund auf einer Sandbank
Seehund

Ein Besuch der Seehundstation Norddeich ist sehr empfehlenswert. Nah jahrzehntelangem Raubbau an den Tieren im Watt, bei denen auch „Lustjagden“, sprich Abschlachtungen eine große Rolle spielten, wurde sich der Mensch seiner Verantwortung bewusst und schützt seitdem die Tiere. Die Station hat daran wesentlichen Anteil.

Neben vielen sehr interessanten Fakten über die possierlichen Tiere findet sich in einem raum jedoch auch jeine erschütternde Darstellung der Situation küstennaher Windparks, so genanter Offshore-Anlagen. Hier aus den Beschreibungen der Station, ergänzt um Anmerkungen:

Offshore-Windparkpläne im Wattenmeer
Offshore-Windparkpläne im Wattenmeer (Quelle: Seehundstation Norddeich)

Einige Anlagen sind bereits in Betrieb genommen. Viele weitere geplant. Viele dieser Flächen liegen in der Nähe von stark befahrenen Schifffahrtsstraßen. Aber auch in ruhigeren Zonen.

Beim Bau der Fundamente und Stützen sind Rammen beteiligt. Die Schalldruckpegel erreichen 200dB. Ein startendes Düsenflugzeug ist leise dagegen. In der Seehundstation wird gezeigt, wie feinsinnig und auch noch unerklärlich die Sinneswelt der Seehunde und anderer Tiere ist. Der unsägliche Lärm vertreibt Meeressäuger wie die Schweinswale aus ihren angestammten Lebensräumen. Ihr sensibles Gehör wird geschädigt. Platzt das Trommelfell der Tiere, verlieren sie die Orientierung und sterben.

Das Gehör der Seehunde ist noch nicht vollständig erforscht. Unter Wasser scheinen sie die Richtung von Schallwellen sehr genau bestimmen zu können. Das hilft ihnen wahrscheinlich, sich zu orientieren und Feinde rechtzeitig wahrzunehmen. Außerdem brauchen Seehunde gute Ohren für die Partnerwahl und um Kontakt zu den Jungtieren zu halten.

Durch den Lärm, der bei der Installation von Offshore-Windkraftanlagen entsteht, können Seehunde und andere Meeressäuger dauerhaft schwerhörig werden. Schweinswale sind besonders lärmempfindlich, weil sie sich über ein Echolot-System orientierenund Beute fangen.

Textauszug der Infotafeln; ein Film erläutert mögliche Schallschutzmaßnahmen

Daneben wird der Meeresboden beeinträchtigt. Die Rotoren stellen eine Gefahr für Zugvogelschwärme dar. Im Gespräch mit NABU-Ornithologen fliegen sie abhängig von den Winden in unterschiedlichen Höhen. Bei Nebel (nicht selten auf dem Meer) können sie die Rotoren nicht rechtzeitig genug sehen. Schlagopfer zu finden und zu analysieren ist eigentlich nicht möglich.

Für die Anbindung der Windparks müssen Stromkabel im Meer und durch das Watt gezogen werden. Das alles sind Eingriffe, die zu Lasten der Natur gehen. In Regionen (Watt-Meeesboden, 250 m raumgreifend über dem Wasser), in denen der Mensch vor kurzem noch nicht präsent war.

Routen aufgezogener Seehunde im Wattenmeer
Bewegungsmuster von drei der aufgezogenen Seehunde im Wattenmeer

Derzeit gehen die Seehundbestände aus „noch nicht erklärlichen Gründen“ zurück. Aktuell nachzulesen u.a. beim NDR („Seehundbestand in der Nordsee nimmt langfristig ab“, 5.11.2024). Weitere Forschungen seien nötig.

Lovelock, der für seine bahnbrechende Theorie zur „Verlebendigung des Planeten“ bekannt wurde, verstarb 2022 an seinem 103. Geburtstag (Artikel in der SZ, 28. Juni 2022). Nun, hat James Lovelock einfach mal Recht?! Sollte der Mensch sich nicht auch zurückziehen an Stellen, an denen sein (schädlicher) Einfluss nicht ausreichend erforscht ist? Was ist „ausreichend“?

Ein Besuch der Seehundstation ist sehr empfehlenswert! Es werden viele weitere Details und kontrovers diskutierte Hintergründe im Wortsinne veranschaulicht. Vielen Dank, dass die Menschen dort eine so wichtige Arbeit leisten und trotz der Rückschläge und Probleme nie aufgeben!

Seehundjunges beim Aufwärmen
Seehundjunge benötigen bei ihrer Handaufzucht noch viel Wärme, bevor sich der „Speckmantel“ bildet.